Friday 22. September 2023
Pfarre Kopfing

Was uns der Barmherzigkeitsaltar sagen will

Was uns der Barmherzigkeitsaltar sagen will
 
 
Am 25. Mai 2006 hat unser Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz in unserer Pfarrkirche den Barmherzigkeitsaltar geweiht. Es war ein schönes Fest für unsere Pfarre, aber auch ein Anfang für unsere Diözese da wir die erste Reliquie der Hl. Sr. Faustina bekommen haben. Viele Menschen haben natürlich gefragt

– was ist die Bedeutung dieses Altares? Ich habe ein paar Mal versucht das zu erklären, und nun möchte ich es hier nochmals machen.

Wie wir wissen, wurde ein Künstler aus Krakau eingeladen, das Projekt des Altares zu verwirklichen. Es war Prof. Czeslaw Dzwigaj, der seit Jahren mit den Schwestern in Krakau in Sachen – Botschaft über das Erbarmen Gottes und Hl. Sr. Faustina - kooperiert.

Er ist in vielen Bereichen der Kunst tätig, hat ein wunderschönes Gefühl für das Heilige (sacrum), weiß was die Kirche fühlt (sentire cum Ecclesiae), hat internationale Erfolge (letzter – Denkmal von Papst Johannes Paul II. für Fatima anlässlich 90 Jahre Erscheinungen – geweiht vom Päpstlichen Gesandten, enthüllt vom Staatpräsident Portugals) und war auch bereit, in unserer Kirche mitzuarbeiten. Dafür bin ich sehr dankbar.

Auf den Altar können wir unterschiedlich schauen. Es gibt nie nur eine Möglichkeit für die Entdeckung der Botschaft. Folgende Idee hat besonders uns inspiriert: Wenn wir auf den Altar aus der Nähe schauen, dann sehen wir die Wurzeln. Diese Idee soll uns sagen, dass alles in der Barmherzigkeit Gottes eingewurzelt ist. Diese Wurzeln kommen aus der Altarmensa heraus und klettern zu Jesus. Sie umfassen alles und führen auch alles, was lebt, zu Gott. Es ist faszinierend zu entdecken, dass jeder Mensch in Gottes Händen liegt.
Die Wurzeln sind nicht gerade, und eine Frau hat hier gesagt, dass diese Wurzeln die Geschichten der einzelnen Menschen sein können. Die Lebensgeschichten sind manchmal so krumm, aber am Altar sehen wir, dass sie letztlich ihre Vollendung nur in Gott finden.

Biblisch gesehen kommen wir zum Prophet Jesaja, der über die Quelle des Erbarmens – über Gott und Gottesknecht - deutlich spricht: „Ich bin es, ja, ich, der euch tröstet. Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, so dass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm… Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen. Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), er rettete den, der sein Leben als Sühneopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen… Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen, und mit den Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein.“
(Jes 51,12; 53,2.6.10-12;)

Im Buch der Weisheit (15,3) wurde uns die Quelle des Heiles gezeigt: „Denn es ist vollendete Gerechtigkeit, dich zu verstehen; und deine Stärke zu kennen ist die Wurzel der Unsterblichkeit.“ Also, in der Barmherzigkeit Gottes sehen wir diese Neigung Gottes zu seiner Schöpfung.

Von unserer Seite entdecken wir, dass die Barmherzigkeit Gottes die Suche des Menschen durch Gott bedeutet, der uns rettet und heilt. Wir können aber auch ein anderes biblisches Bild in unserem Altar finden. Wenn wir auf den Altar aus der Entfernung schauen, dann können wir leicht bemerken, dass der Altar in Form einer Flamme gebaut ist, wie ein brennendes Feuer. Das Feuer steht im Christentum für die Anwesenheit Gottes. Im Buch Exodus lesen wir die Geschichte des Mose vor dem brennenden Dornbusch:

„Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug. Er schaute hin: Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. Mose sagte: Ich will dorthin gehen und mir die außergewöhnliche Erscheinung ansehen. Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht? Als der Herr sah, dass Mose näher kam, um sich das anzusehen, rief Gott ihm aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Der Herr sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.“
(Ex 3,2-5)


Ebenfalls finden wir dieses mystische Bild im Tagebuch der Hl. Schwester Faustina (1905-1933) im Dialog zwischen Jesus und Sr. Faustina:
„Meine Tochter, all dein Elend ist im Feuer Meiner Liebe verglüht wie ein Strohhalm, der in unbeschreibliche Glut geworfen wurde; und mit deiner Erniedrigung ziehst du ein ganzes Meer Meiner Barmherzigkeit auf dich und andere Seelen herab. Ich entgegnete: Jesus, forme mein armes Herz nach Deinem Göttlichen Wohlgefallen.“
(TB 178)

Wir wissen auch, dass in der Offenbarung der Hl. Margareta Maria Alacoque (1647-1690), deren Bild in unserer Kirche aufgehängt ist, über das brennende Herz Christi gesprochen wird. Jesus enthüllte ihr sein göttliches Herz und fuhr fort: „Siehe hier das Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, dass es sich nicht schonte, sondern sich völlig hingab und verzehrte, um ihnen seine Liebe zu beweisen“.

Die Botschaft dieser Heiligen ist – theologisch gesehen – die Vorbereitung auf die Botschaft über das Göttliche Erbarmen. So entdecken wir auch in der Geschichte unserer Kirche diesen Prozess. Ich möchte noch ein paar Worte zur Struktur des Altares sagen. Der Altar wurde so gebaut, dass sich ganz unten die Reliquie ersten Grades der Hl. Sr. Faustina (echter Leib der Heiligen) in einem Reliquiarum befindet.
Die Bedeutung der Reliquie, das heißt – der Anwesenheit der Heiligen – erzählt Sr. Faustina selber im Tagebuch: „Wisse, mein Kind, dass Ich um deinetwillen der ganzen Umgebung Gnaden verleihe, aber du solltest Mir an ihrer statt danken, denn sie danken Mir nicht für die Wohltaten, die Ich ihnen erweise; aufgrund deiner Dankbarkeit werde Ich ihnen weiterhin Segen erteilen.“
(TB 719)

Über dem Reliquiarum sind die Worte des Dieners Gottes Papst Johannes Paul II. zu sehen, die die Wichtigkeit dieser Botschaft über das Erbarmen Gottes für die Menschen unterstreichen –

„Nichts ist dem Menschen so nötig, wie die Barmherzigkeit Gottes.“


Dann kommen wir zum Bild der Heiligen Faustina. Das Projekt habe ich vom Vize-Postulator des Heiligsprechungsprozesses, Pater Michalenko aus Stockbridge (USA), bekommen. Auf dem Bild zeigt Sr. Faustina das erste Bild des Barmherzigen Jesus, das unter Ihrer Führung gemalt wurde und zum ersten Mal zum Abschluss des Heiligen Jahres – 1900 Jahre der Erlösung im Jahr 1934 in Vilna (heute Litauen) in der Kapelle der Gottesmutter der Barmherzigkeit ausgestellt wurde. Das Gesicht der Sr. Faustina wurde von einem Foto von ihr abgebildet. Ein interessantes Wort finden wir imTagebuch:

„Meine Tochter, wenn ich durch dich von den Menschen die Verehrung Meiner Barmherzigkeit verlange, musst du dich als erste durch Vertrauen auf Meine Barmherzigkeit auszeichnen.“ (TB 742)

Über dem Bild der Hl. Faustina sehen wir eine Glaskiste. In dieser Form können wir das geöffnete Buch sehen, was dem Tagebuch – in dem die ganze Botschaft der   Sr. Faustina aufgeschrieben wurde - entspricht. Diese Glaskiste erfüllt auch einen anderen Zweck. Sie ist gleichzeitig ein Votarium – wo man Votivgaben aufhängen kann. Wenn sich ein Gläubiger bewusst ist, dass er hier durch die Fürbitte dieser Heiligen, vom Barmherzigen Gott eine besondere Gnade erfahren hat – kann er eine Votivgabe am Altar lassen. Es bleibt als Zeichen, Danksagung und Erinnerung an diesem Ort. Ganz oben sehen wir das Bild vom Barmherzigen Jesus. Es ist eine Kopie des Bildes aus der Klosterkapelle in Krakau, wo Sr. Faustina ihre letzen Jahre des Lebens verbrachte. Im Tagebuch lesen wir Jesu Worte zu Sr. Faustina:

„Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt. Ich verspreche, dass jene Seele, die dieses Bild verehrt, nicht verloren geht. Ich wünsche, dass dieses Bild öffentlich verehrt wird Durch das Bild werde Ich den Seelen viele Gnaden erteilen, deshalb soll jede Seele Zugang zu ihm haben. Aus Meiner Barmherzigkeit schöpft man Gnaden mit nur einem Gefäß – und das ist das Vertrauen.“
(TB 47-8, 414, 570)


Über dem Bild, als Bekrönung sehen Barmherzigkeitsaltar wir eine Tafel mit dem Logo der Kongregation der Gottesmutter der Barmherzigkeit, zu denen die Hl. Sr. Faustina gehörte. Dort ist das Kreuz über dem Buchstaben M dargestellt. Aus dem Kreuz kommen die Strahlen. Diese Zeichen bezeichnen den Barmherzigen Jesus mit den aus Seinem Herz ausgehenden Strahlen (Blut und Wasser) und seine Mutter Maria, die unter dem Kreuze stand.

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Farbe des ganzen Altares, der vergoldet ist. Das Gold hatte und hat auf unseren Kirchenaltären einen tieferen Sinn. Im christlichen Gedankengut steht Gold für Heiligkeit und Reinheit, denn Gold bleibt auch rein, wenn es in Schmutz getaucht wird. Das Gold hatte die Menschen schon immer durch seine Reinheit fasziniert, denn es korrodiert nicht. Durch seinen warmen Glanz wurde es zum Symbol für die Sonne, das Licht, für Beständigkeit und Weisheit. Die Verwendung von Gold im sakralen Bereich hat wohl in allen Kulturen eine lange Tradition. Schon der erste Tempel Salomos war im Inneren mit Zedernholz getäfelt. Die Farbe des Goldes hatte früher eine wichtige Lichtwirkung in lichtarmen Räumen - wir kennen dies etwa aus den Kirchen mit den vergoldeten Altären und Kerzenlicht, wobei die ursprüngliche Wirkung heute meist durch elektrisches Licht (Punktstrahler) zerstört ist. Denn in den lichtarmen Innenräumen hatte es ohne Zweifel auch die Aufgabe des Reflektors um die Helligkeit zu erhöhen. Es ist interessant, dass man hie und da die Entdeckung macht, dass der Goldstaub, der eben noch einen gleichsam schlummernden, gedämpften Widerschein hervorgebracht hat, beim zur Seite treten wie Feuer aufflammt und die früher erwähnte biblische Symbolik verstärkt. Schwester Faustina schreibt interessante Worte zum Thema „Gold“:

„Deine Barmherzigkeit windet sich wie ein goldener Faden durch unser ganzes Leben, sie verbindet unser Wesen mit Gott in jeder Ordnung und braucht selbst nichts zu ihrem Glück."

Zum Beichtvater will ich noch etwas sagen. Er muss manchmal auf die Probe stellen, er muss prüfen, muss streng sein, muss erkennen, ob er mit Stroh, Eisen oder reinem Gold zu tun hat. Jede der drei erwähnten Seelen bedarf anderer Übungen plötzlich stand Jesus neben mir, in weißem Gewand mit goldenem Gürtel. Er sagte zu mir: Jesus nahm seinen goldenen Gürtel ab und legte ihn um meine Hüften.“
(TB 1466, 112, 40)


Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie Ihr persönliches Verständnis des Altares der Barmherzigkeit Gottes in unserer Pfarrkirche finden.
Ich hoffe auch, dass ich mit diesem Text Ihren Blick etwas auf das lenken konnte, was ich in diesem Altar sehe.
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